Mit dem blassen Gesicht und den blutroten Augen konnte Scarlet ziemlich gruselig wirken, und es half auch nicht, dass sie jegliche Erklärungsversuche zu ignorieren schien und weiterhin ungefragt näher kam, als es einer Fremden erlaubt sein sollte. Folglich war die arme Miata unfähig, sich gegen die Anklage, Siradda verdrängt zu haben, zu verteidigen, oder die Amnesietheorie zu widerlegen. Das letzte mal, dass Korina so etwas gesehen hatte, war, als Scarlett Siraddas Blutdurst gelobt und angespornt hatte. Wenn die verrückte Frau so drauf war, machte es sogar Korina Angst, bei dieser merkwürdigen mütterlichen Art konnte man nicht sicher sein, ob sie nicht vielleicht Blut vergießen würde, um die Siradda, die sie kannte, zurückzuholen. Es war wie ein vergifteter Trunk, dessen bitterer Geschmack mit Unmengen an Zucker übertüncht wurde. Einfache Erklärungsversuche fielen auf taube Ohren, aber Korina befürchtete auch, dass Scarlet ausrasten könnte, wenn man versuchte, sie gewaltsam zurückzuhalten, denn in ihrer Vergangenheit hatte sie so etwas wahrscheinlich oft erleiden müssen.
Korina ging in die Knie und platzierte jetzt auch ihre andere Hand auf Scarlets Schulter. "Scarlet, bitte hör mir zu." sagte sie, laut genug, dass man es nicht als ins Ohr Flüstern bezeichnen konnte, aber nicht so laut, dass es sich aufgrund der Nähe wie ein Schreien anhörte. "Miata hat Siradda nicht verdrängt oder so. Siradda hat willentlich Platz gemacht, damit Miata hier sein kann. Du wirst Siradda noch heute wieder treffen, das schwöre ich." Während sie das sagte, hob sie die eine Hand wieder von Scarlets Schulter und erfasste sie an der Wange, um ihre Gesicht langsam von Miata wegzudrehen. Wie eine kleine Schwester, die wollte, dass ihre große Schwester sie ansieht. "Wenn du mir nicht glaubst, dann bitte, sei wenigstens nicht wütend auf Miata. Sei stattdessen wütend auf mich, die sie in Schutz nimmt, in Ordnung?" Miata steckte schon tief genug in der Scheiße wegen der Sache mit der Schwarzen Hand, wenigstens wollte Korina sie noch vor dem Zorn von jemanden beschützen, der eigentlich nichts damit zu tun hatte.
Anders als Nina, die die meiste Zeit in Korinas Nähe blieb, weil sie nichts besseres zu tun hatte (und weil die Schwingen ihr höchstens halbwegs trauten und es wahrscheinlich nicht toll fanden, wenn sie sich unbeaufsichtigt davonstahl, besonders wenn ihre Familienmitglieder in der Stadt waren), hatten die meisten von Amens Geistern wohl besseres zu tun, als ihm hinterherzuspuken wie die bösen Gespenster in Märchen. Nur Brigid war da, aber sie wusste zum Glück die Antwort. "Danke, Bridig. Dann besuch ich sie dann später, heut Mittag, denn Korina braucht mich ja jetzt erst mal, um sie zu dieser Frau zu bringen, nachdem sie die Brosch geholt hat."
Da Korina gerade dabei war, sich in große Gefahr zu bringen, und Nina keinen Weg hatte, ihr zu helfen. Stattdessen setzte sie sich zu Amen und wisch dabei einigen der in der Geisterwelt schwebenden Waffen aus. Der Geisterflüsterer hatte sie zwar nicht angesehen, aber scheinbar auf ihre Begrüßung geantwortet, also konnte er zumindest durch den Schleier hören. Außerdem sah er ein bisschen einsam aus, selbst mit Noire neben ihm, die nicht gerade in gesellschaftlicher Laune war. "Alles okay? Du kommst mir irgendwie ein bisschen bedrückt vor."
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Mu, Ludo und Ranjid schlossen zu den anderen auf, währen die Bären sich aufrappelten. Der eine, den Mine eben vergiftet hatte, schoss ihnen einen Feuerball entgegen der an Ranjids Schild abbprallte, der andere schwang seine Pranke Mine entgegen. Sie duckte sich darunter hinweg und stach dem Hauerbären in die Seite, während Mu über ihn sprang und ihre Klingen auf seinen Rücken prasseln ließ. Alles nur kleine Wunden, aber sie begannen, sich anzusammeln zusammen mit dem, was schon vorher geleistet wurde. Der andere Bär wurde von einem von Ludos Pfeilen und Cecile's Ranken zurückgedrängt, während Ranjid seinen Schild gegen den Schädel des Tieres donnerte. Sie hatten ihren Rhytmus gefunden... und dann sprang ein dritter Hauerbär aus dem Busch, und obwohl Ranjid dessen Prankenschlag blocken konnte, riss die Wucht ihn von den Füßen. "Der schlimmste Fall ist eingetroffen! Plan T!" rief der siceijanische Krieger. Plan T stand für Trüffel. In einem Delikatessengeschäft hatte Ranjid ein kleines Fläschen gekauft mit dem konzentrieten Aroma einer Trüffelsorte, die in dieser Region gedeite und auf die Wildschweine und Hauerbären ganz scharf waren. Folglich benutzte man das Konzentrat nicht nur zum Kochen, sondern auch um Wildtiere anzulocken. Ranjid nahm das Fläschen aus seiner Tasche und träufelte das den Inhalt auf seine Rüstung. Als die empfindlichen Nasen der Bären das Aroma einatmeten, wandten sie neugierig ihre Köpfe auf Ranjid. Und spurteten sofort auf ihn los. "Der Plan wirkt zu guuut!" rief er und machte sich davon. Der hinterste Bär, genau der, den die Gruppe am längsten bekämpft hatte, kam als letzter, und er stolperte über Ranken, die Cecile plötzlich zwischen zwei Bäumen gespannt hatte. Mine hatte auch schnell einige Eisstacheln gemacht, aber weil sie kein richtiges Wasser zur Hand hatte, nur Luftfeuchtigkeit, richteten sie nicht viel Schaden an, das Eis war eher dazu da, um den Bären zusammen mit den Ranken am Boden festzumachen, um ihm das aufstehen zu erschweren.