Mit Tuch und Wasser tupfte Korina sich den Mund ab. "Danke. Dann gehen wir mal!"
Zur Mittagszeit war auf dem Jahrmarkt des Jorelium am meisten los, und Korina wusste gar nicht, wo sie zuerst hin sollten. Was süßes Essen? Nein, sie hatte noch keinen Appetit. Vielleicht Poesievorträge, oder ein Theaterstück? Nein, bevor sie das machen konnten, brauchten sie noch etwas, was bei jedem Jorelium notwendig war: Masken.
Festtagsmasken waren eine der bekanntesten und beliebtesten Traditionen des Jorelium. Sie stellten Geister und Heilige dar, man machte sie aus Holz, Pappmache und sogar leichtem Ton, und man machte sie selbst, erhielt sie von anderen als Geschenk, oder erhielt sie als Preise bei Wettspielen. Manche Leute begnügten sich damit, eine einzelne Maske an der Seite des Kopfes oder an der Stirn zu tragen und ihr Gesicht frei zu lassen, andere nutzten die Masken als Basis, um sich als Geister zu verkleiden, und von Zeit zu Zeit lief man auch jemanden über den Weg, der sich wohl als Kohyer, den Tausendgesichtigen Hüter des Nordwindes, verkleiden wollten, denn sie bedeckten ihre ganzen Körper, um mit ihrer großen Maskensammlung zu prahlen.
Das alles hatte Korina soeben über die Maskentradition erklärt, und im Falle der Viele-Masken-Träger, auch gezeigt. "Wir brauche natürlich auch jeder eine. Im Basteln bin ich nicht so toll, also gewinnen wir sie am besten!" Es gab eine Menge Stände, die riesige Wände voller Preismasken anboten und Spiele, mit denen man sie gewinnen konnte. Goldfische fangen, Ringe Werfen, das Glücksrad, und natürlich Korinas Liebling, das Dartwerfen
"Gehören sie zu den glücklichen, die bei den hochwertigen Masken von Urist & Söhnen ganz groß abräumen!" rief der enthusiastische Betreiber der Bude, ein sehr kurzer Mann mit langem Bart, der beim Sprechen eine brandneue Maske schnitzte. Das war dann wohl Urist.
"Zehn Pfeile für nur Zehn Liyé! Für jede Hundert Punkte gibt es eine Maske!" Das Zentrum der Zielscheibe war 25 Punkte wert, ein perfekter Werfer könnte pro Versuch maximal 2 Masken abstauben, was bei der schönen Handwerkskunst der Masken wohl ein ziemliches Schnäppchen war. Ein Schild, auf dem die Anweisungen auch auf telvanisch zu lesen waren für die, die das Ailfennaisch des Betreibers nicht verstanden, wies darauf hin, dass Punkte aus vorherigen Versuchen übertragen werden konnten, wenn im voraus zusätzliche 10-Pfeil-Packs kaufe. Korina war sich aber ziemlich sicher, dass sie nur einmal zu Zahlen brauchte, als Kind hatte sie stets jeden Rivalen ausgestochen, wenn's ums Dartspiel ging.
"Ich hol uns dann mal zwei Masken!" kündigte sie also Noire an und überreichte Urist zwei Fünfermünzen. Selbstsicher nahm Korina die Pfeile entgegen, trat an die Distanzlinie, nahm eine gute Wurfposition und warf. Und war. Und warf... und...
"34 Punkte?!"
...anscheinend war sei ein klitzekleines bisschen eingerostet und hatte gerade zehn gute Liyé zum Fenster raus geworfen. Oder eben auf's Dartbrett.
"Nicht schlecht für's erste mal!" lobte der Betreiber neckend, während er einen Pinsel zur Hand nahm und die fertig geschnitzte Maske zu bemalen begann.
"Wenn sie noch drei Versuche kaufen, schaffen sie`s bestimmt, junge Dame."
Korina spielte die Beleidigte Leberwurst.
"Nicht zu fassen. Versuch's du ruhig, Noire, mir ist die Lust vergangen. Wenn du zwei kriegst, kannst du mich ja für meine Niederlage quälen, indem du für mich was peinliches aussuchst."
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@Soren: