Nachdem Lauriam sich verabschiedet hatte, verließen auch Dante und Florence die Basis. Sie mussten der Sache auf den Grund gehen. Sie wollten nicht riskieren, direkten Kontakt mit der Familie aufzunehmen, um herauszufinden, ob eines ihrer Geschwister sich nicht am vorgesehenen Ort befand, aber sie konnten beim Haus der Kirche des Schwarzen Engels nachprüfen, ob sich irgendwelche anderen Familienmitglieder gemeldet hatten, aber wenn der falsche Teufel wirklich Dantes und Florence' Ruhm stehlen wollte, würde sie wahrscheinlich keine Spuren hinterlassen. Außer dem Angriff auf Korina hatte es scheinbar keine Sichtungen des Teufels gegeben, also hatte sie es wohl wirklich auf den wahren Teufel abgesehen. Augenzeugenberichten zufolge hatte der Teufel Korina besiegt und sie schwer verletzt, war aber geflohen, ohne ihr den Rest zu geben, obwohl sie das bestimmt noch leicht hätte schaffen könnte. Wenn es sich um einen Vigilanten handelte, der Rache an Korina wollte, hätte es wohl keinen Sinn, sie am helllichten Tag auf offener Straße anzugreifen und sie so über die Bedrohung in Kentniss zu setzen, wenn man nicht vorhatte, sie einfach zu töten, sobald sich die Chance ergab. Wollte jemand eine brutalere Rache, wäre es viel einfacher, sie zu überfallen und zu entführen, sodass niemand zur Hilfe eilen konnte.
"Das Ziel des Angriffs ist also eindeutig gewesen, um ihr Furcht einzuflößen. Und um Misstrauen zu jedem, der ihre Identität kennt, zu sähen." kombinierte Florence. Und an Lauriams Reaktion konnte man auch erkennen, dass das wohl geklappt hatte.
Korina stimmte Noires Missmut zu.
"Wenn irgend ein Außenseiter wüsste, dass ich der Rabenteufel bin, wär ich wohl schon auf dem Schafott gelandet. Ich glaub, dieser falsche Teufel war eine von Ninas Schwestern. Denen ist es jetzt wohl ernst, mich so viel zu quälen wie nur möglich."
"Glaubst du denn wirklich, sie war eine meiner Schwestern? Beschreib sie mir mal, vielleicht kann ich's bestätigen." warf Nina ein.
"Ob ich dir da wirklich glauben kann, Nina..." murmelte Korina, bevor sie eine richtige Antwort gab.
"Na ja, jedenfalls hatte sie Flügel. Und ein Schwert mit einem Widerhaken. Und dann haben ihre Augen angefangen, rot zu leuchten, und das hat mir... Schmerzen bereitet. Nicht irgendwelche Schmerzen." Sie sah Noire an.
"Erinnerst du dich an die Wunde, die ich im Gefängnis in Iridae erlitten hab? Es hat sich so angefühlt, als sei die wieder offen."
Das war so ziemlich das gleiche, was Nina auch gehört hatte, als Korina Lauriam über den Angreifer aufklärte.
"Ich glaaaaub ich hab noch eine jüngere Schwester mit Flügeln, hab die aber nicht getroffen. Ansonsten... mein großer Bruder Camus hatte Flügel, bevor er ausgebrannt ist. Wer weiß, vielleicht hat er ja einen Pakt mit einer Frau oder so, und daher hat sie seine Flügel! Aber so einen bösen Blick hatte er bestimmt nicht." Hm, das brachte sie wohl kaum weiter. Eine weitere Sache neben dem Fall Séamus, den Korina ansprechen musste, sobald sie das nächste mal den Kletten begegnete.
Das Thema schien also erst mal abgehandelt zu sein, bis Dante und Florence neue Infos lieferten. Korina war etwas an Noire aufgefallen.
"Was hast du da eigentlich gelesen?"
Nachrichten reisen schnell, und so kam es dazu, dass in Alveheim nur wenige Tage nach dem Vorfall in der Kathedrale von Zarownidom und der Ansprache des Prinzen jeder wusste, was geschehen war. Die Möglichkeit, dass eine Rebellion ausbrechen könnte, wurde schnell das Gesprächsthema Nummer 1. Ein solcher Konflikt würde es erschweren, Alveheim über den Landweg zu erreichen, und der Seeweg war für alle außer den Walhaitaern ein bisschen zu lang, schließlich musste man den ganzen Kontinent umsegeln, wenn man sich nicht bereits an der Nordküste befand. Je nachdem, wie lange der Aufstand dauerte, konnte das eine ganze Menge potenzieller Studenten und Dozenten davon abhalten, die Alve Academia zu wählen. Die Wirtschaft von Alveheim war jetzt schon angeschlagen, da es dem Land abgesehen von neuen Wissenschaftlichen Erkenntnissen an Exporten fehlte, wenn jetzt auch noch Schulgelder von reichen ausländischen Adelsfamilien wegfielen, konnte das Langzeitkonsequenzen für das Land haben, besonders, wenn die konkurrierenden Akademien in Drakenvhar und Ghiseis damit angeben konnten, sich in politisch stabilen Regionen zu befinden. Zu guter Letzt würde die Dezimation, mit der die aufständischen Ailfennaer unweigerlich konfrontiert werden würden, auch zu einem Anstieg von kriminellen Aktivitäten führen, da es ansonsten schwer sein könnte, im vom Bürgerkrieg zerrütteten Land zu überleben, und das könnte bedeuten, dass Horden von Banditen an den Verteidigungsanlagen von Alveheim vorbeischleichen könnten, um die Bauerndörfer zu plündern.
Der Kirche des Schwarzen Engels, die außerhalb des urbanen Zentrums von Alveheim schon im Land Fuß gefasst hatte, kam das sehr gelegen. Die unterdrückte nichtmagische Bevölkerung war jetzt schon angezogen von einem Gott, der versprach, sie aus der Knechtschaft zu erlösen, und jetzt sorgte die Gerüchteküche auch dafür, dass der religiöse Teil der Oberschicht befürchtete, dass Spioradisten Opfer von Verfolgung werden konnten und dass Dämmerungsgläubige die Verfolger waren. Heute veranstalteten die Prediger des Schwarzen Engels in einem öffentlichen Park in der Stadt Alve Academia ein Fest. Die Genehmigung hatten sie nach einigem Hängen und Würgen vom Amt für Infrastruktur und Öffentliche Einrichtungen erhalten, trotz der Bedenken einiger Mitglieder des Hohen Rats. Die Kirche hatte an die Religions- und Versammlungsfreiheit appelliert, die in Alveheim herrschte, und es half auch, dass die Veranstalter zugestimmt hatten, einen Teil der Kollekte an das Amt zu spenden, schließlich befasste es sich unter anderem mit der Instandhaltung der Stadtparks. Bürger aller Schichten waren eingeladen, miteinander zu teilen und zu singen, um daran zu erinnern, dass trotz dieser angsterfüllten Zeiten jene, die zu anderen Menschen gütig waren, am Ende siegen würden, während selbstsüchtige Sünder am Ende stets von der Gerechtigkeit besiegt werden würden.
Das Fest glich mehr einem großen Picknick, die Kirche spendierte Lebensmittel, und auf einer Bühne in der Mitte rief eine Frau mit weißen Haaren, die in blauen Strähnen endeten, gekleidit in den schönen, schwarzweißen Roben der Kirche des Schwarzen Engels, dazu auf, doch auf die Bühne zu kommen und seine Sorgen mit der Welt zu teilen, auf dass alle guten Menschen ihre Lasten gemeinsam tragen können. Diese Frau stellte sich als Genevieve Hemidir vor.
"Also, habt keine Furcht, tretet vor, damit der Schwarze Engel euch hören kann!"
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Dieses Outfit, aber der hellblaue Teil des Oberteils sowie die Hosen sind Weiß, der Rest ist Schwarz.
@Soren: