Siradda ging wie von Itzuki empfohlen mit Yuria mit, während sie weiterhin versuchte sich einen Reim darauf zu machen, was denn geschehen sei. Doch das Beste was ihr einfiel war lediglich, dass Yuria versuchte ihren Mord an den beiden angreifenden Studenten zu vertuschen. Aber es passte nicht zu dem bisherigen Eindruck, den die Seelendämonin von ihr hatte. Sich so schnell nach einer so chaotischen Situation eine glaubhafte Lüge auszudenken ist keine leichte Aufgabe, wenn man denn nicht darin geübt ist.
Nach einigen Minuten kamen sie wieder bei dem an, was Siradda vor dem was heute passiert ist hätte schützen können. Erst gestern die Sache mit den Indignito-Mitgliedern, jetzt dieses Chaos. Mehr denn je wurde Siradda bewusst, dass sie immer noch weit von dem entfernt ist, was man ein normales und sicheres Leben nennen kann. Sie mag ihre Freiheit gewonnen haben, aber diese war trügerisch und nur so gespickt mit Fallen.
Kurz nachdem Siradda die Tür hinter sich zu schloss, nachdem sie auch mit ihrem echten ich durchgeschlüpft war, wollte sie es nun wissen:
"Ähm... Yuria?", sprach sie die Magierin an, die jedoch einfach nur stehen blieb, mit ihrem Rücken der Seelendämonin zugewandt. "Was war geschehen? Warum war Itzuki bei uns? Und vorallem, ähm... warum hast du ihn angelogen?" Weiterhin Stille seitens der Thermomantin. "S-sorry. Ich kann mir g-gut vorstellen, wenn du nun keine Energie mehr hast, u-um auf solche Fragen zu antworten! Ich könnte ja versuchen einen Tee kochen, während du dich irgendwohin setzt w-wo es gemüt-" Weiter redete sie nicht, denn währenddessen entfernte Yuria den Teppich von der Falltür und öffnete diese. Still kletterte sie die Leiter hinab und ging den darauffolgenden Gang entlang. Siradda blieb eine gute Minute zurück, unsicher die Leiter herabblickend. Nun, Yuria hatte gesagt sie wollte in diesen Raum zurück und das tat sie nun offenbar auch... Trotz eines mulmigen Gefühls folgte die Dämonin ihr. In ihrem Versteck angekommen fand Siradda die Magierin auf einem der Stühle sitzend vor, welche nur ganz kurz zu ihr hinüberschaute.
Es war traurig sie dort so sitzend zu sehen. Ihr selbst ging es auch nicht gut, doch für Yuria musste das alles um einiges erschöpfender gewesen sein. Nein, Erschöpfung war eine grausame Untertreibung. Das waren Kindheitsfreunde, die sie da um ein Haar getötet hatten! Und mindestens zwei davon, wenn nicht gar alle, die hatte sie nun auf dem Gewissen. Ja, sowas verwirrt sehr. Doch Siradda wusste, dass es besser für alle Beteiligte war, wenn die Wahrheit ihr unbekannt bleiben würde. Wie sie diese Situation handhaben sollte wusste sie aber ebenfalls nicht.
"Siradda.“ Plötzlich mit dieser gefühlslosen Stimme angesprochen zu werden schreckte die Angesprochene im ersten Moment auf. Yuria drehte sich nicht einmal mit ihrem Kopf zu ihr hin. "Ja?" Ihr selbst war das zu unangenehm so mit jemanden zu sprechen, weswegen sie sich nach ihrer Reaktion schräg vor ihr stellte, um in ihr Gesicht sehen zu können. Wieder schauten Yurias Augen nur für einen Moment zu Siradda hin, richteten sich dann aber wieder auf die Leere vor sich hin.
"Erklär mir warum all das eben geschehen ist.“
Siradda brauchte einen kurzen Moment. Dass sie mehr erfahren wollte war voraussehbar gewesen, doch die Seelendämonin hielt an ihren vorherigen Gedanken fest. Und da sie nicht im Prinzip sagen möchte, dass sie etwas weiß, aber es nicht sagen wird, blieb ihr...
"Versuch gar nicht erst so zu tun, als wüsstest du von nichts! Ich will keine verdammten Lügen hören!“
Die Thermomantin muss gewittert haben, was ihr da vorgetischt werden sollte... Aber dennoch!
"T-tut mir leid, aber... ich kann nicht.", antwortete sie mitleidig, aber ein wütender, fordernder Blick war alles was sie darauf als Reaktion bekam. "S-s-sorry. Ich verstehe ja, dass d-du mehr wissen möchtest, doch i-i-ich-" Und nun tat Siradda das, was sie eigentlich nicht tun wollte! Sie ärgerte sich über sich selbst keine bessere Antwort zu finden! Doch an dem grundlegenden Beschluss hielt sie weiterhin fest. "Ich sollte und möchte daher nicht darüber reden... Bitte, ich weiß dass es einfacher zu sagen ist als zu tun, aber bitte vergiss einfach alles was vorgefallen ist! Auch ich weiß nicht alles darüber, aber das was ich befürchte... bitte sag niemanden was wirklich vorgefallen war! U-Und... halte dich von nun an von mir fern..."
Siradda hoffte auf Verständnis, aber Hoffnung allein sollte nicht ausreichen.
"Ist das alles?" Die Thermomantin wurde lauter und stand auf.
"So wirst du mir nicht vom Harken kommen! Oh nein!"
Die Seelendämonin schreckte zuerst nur zurück, machte dann aber ein paar Schritte seitwärts in Richtung des Ganges. Yuria machte ihr Angst. "A-a-aber ich... bitte h-hör auf..." Auch mit ihrem Geister-Ich begann sie dem Gang näher zu treten. Doch noch ehe sie diesen betreten konnte schloss eine dicke Eismauer sie mit Yuria ein. Nicht einmal als Geist war da ein Durchkommen. Yuria kam ihr schnell näher, drückte sie gegen die Eiswand und fror die Gliedmaße der Seelendämonin an dieser fest. "UND NUN SPRICH!“
Es war nun Siradda, die mit ihren eigenen Emotionen zu kämpfen hatte. Vor lauter Angst und Panik kamen ihr im nu die Tränen. "B-bit-t-te. Hör... a-auf..." In der Geisterwelt suchte Siradda derweil verzweifelt nach einer Lösung aus dieser Situation, doch ihr kam einfach keine Idee. Sie wollte weiterhin nichts sagen, aber diese Furcht vor Yuria lähmte sie auch dort. Bis ihr eine Idee kam. Sie könnte- "Versuch auch nur dich zu verwandeln und ich werde deinen Bauch aufspießen, bevor du fertig bist. Ich frag mich ja, wie sich das anfühlt, wenn an der Stelle wo ein Auge entsteht ein Fremdkörper ist...“
Der Dämonin stoppte der Atem für einen Moment. "Wie kannst du... Ich habe doch nie..."
Das sollte nicht möglich sein, dachte die Gefangene sich. Wie kann das...
"Du erinnerst dich also wirklich nicht... Oder zumindest tust du es im Moment nicht... Ja, du bist eine höchst sonderliche Person. Auf der einen Seite ein zartes Blümchen, doch hinter dieser Maske ein furchterregendes Monster.“ Siradda blieb sprachlos als sie begann zu realisieren was geschehen sein muss. Aber wie kann das... "Sag mal, wer folgt uns da die ganze Zeit in der Geisterwelt?“ Der Terror in Siraddas Herzen sollte nicht enden. Yuria offenbarte ein äußerst problematisches Geheimnis.
"D-du kannst-"
"Hören, aber nicht sehen. Überrascht? Die Geisterwelt existiert vermutlich seit Anfang an. Das Bewusstsein über dessen Existenz dürfte auch schon sehr alt sein... und damit auch die Tatsache, dass es da eine Welt gibt, von der aus man jederzeit beobachtet werden könnte, ohne dass der Beobachtete sich dessen bewusst sein kann, wenn dem tatsächlich so mal ist. Ist es da so verwunderlich, dass Menschen nach Wegen suchen sich davor zu schützen, dass ihre Privatsphäre angegriffen werden könnte? Es ist unlängst unter den dafür interessierten Magiern bekannt, dass einzelne Wissende über diese Magien "überzeugbar" geworden sind... doch wie du selbst es dir mit deinen vielen Geheimnissen denken kannst ist jede Person mehr, die über etwas Bescheid weiß, eine weitere, die alles an die breite Masse bringen könnte... die Kurse, die dafür bereits an der Akademie angeboten werden sind rar gesäht, kostspielig und beinhalten im Moment nur das Hören... doch ich würde sagen es hat sich gelohnt... Also zurück zu meiner Frage, wer ist da?“
So groß der Schock auch war, so verständlich war auch die Erklärung... Ja, es war wohl wirklich nur eine Frage der Zeit ehe diese Magie an Popularität gewinnen würde. Noch scheint es immer noch etwas eher Exklusives zu sein, doch das wird wohl nicht mehr ewig so bleiben.
Eine Idee, was sie zu der Frage sagen könnte kam ihr sogar. "M-meine Halbschwester Aella. Sie ist bereits ein Geist g-gewesen, als i-ich zur Welt kam und kommt aus einer anderen Beziehung m-meiner Mutter..." Hat schon so seinen Nutzen Mitglieder eines ganzen Stammbaumes aus Dämonen zu kennen... Sie wollte einfach nicht damit rausrücken, dass dies gar nicht ihr erster Körper sei, mal ganz zu schweigen von den Besonderheiten.
"Deine Halbschwester?“ Siradda nickte mit dem Kopf ihres Körper, während sie in der Geisterwelt versuchte dies zu bestätigen:
"Ja! Könntest du, also wenn du dazu bereit wärest, ähm... meine Schwester freilassen? Bitte, wir meinen es dir wirklich nicht böse nichts verraten zu wol-"
Yuria rammte ihre Faust in Siraddas Magengrube, worauf sie auf beiden Seiten einen Schmerzensschrei herausließ.
"Was habe ich über Lügen gesagt? Wäre das deine Schwester hätte sie dich aufklären können über das, was während deiner "Ohnmacht" geschehen war. Geister können sich materialisieren und selbst wenn sie erschöpft gewesen wäre, hättet ihr einfach warten können. Zumal ihr beide eine äußerst merkwürdige Verbindung haben müsst, wenn ihr beide zur selben Zeit weint oder vor Schmerzen schreit.“
Die Seelendämonin versuchte nun nur noch stärker sich von ihren Eisfesseln loszureißen, nur war dies logischerweise so vergeblich wie zuvor. Vergeigt hat sie es, doch wahrhaben wollte sie es einfach nicht. "Ich will nicht! Nein! Lass mich gehen! Ich fleh dich an!"
"DANN SAG MIR ENDLICH, WAS HIER VOR SICH GEHT!“