Als ein Teil der Gruppe nach drinnen ging, hob Matthew nur zum Abschiedgruß die Hand. Sie würden sich alle ja wiedersehen, und er hatte nun etwas in Dulluas zu tun.
Ja, was eigentlich?
Ich könnte sie mal wieder besuchen... Der Gedanke war kaum ausgeprochen, da war er auch schon fest Entschlossen, es umzusetzen.
Wenige Minuten später klopfte er an die Tür eines kleinen Reihenhauses, das nicht schlechter, aber auch nicht besser aussah als alle anderen Häuser in der schmalen Gasse der Unterschicht.
"Ja?", drang eine helle Stimme von drinnen heraus, und eine Sekunde später wurde die Tür geöffnet. Vor ihm stand eine junge Frau, sie war in etwa so alt wie er, um genau zu sein, ein Jahr jünger.
"Julie...", begann Matthew, doch er fand nicht die richtigen Worte. Tschuldige, dass ich ewig nicht mehr da war?
"Ich..." -
"Ist schon gut, Silver.", sagte sie und lächelte verständnisvoll. Matthew war sofort entwaffnet von ihrer Herzlichkeit. Die Tatsache, dass sie ihn beim Namen seines Vaters nannte, erinnerte ihn, wie lange er nicht mehr hiergewesen war. Es hörte sich so... fremd an. Sie war die einzige, die ihn so nannte - warum, wusste er auch nicht.
"Du hattest wieder mal zu tun, was?" -
"Ja, das kann man so sagen." Er musste schmunzeln, denn genau genommen war das die Wahrheit.
"Komm doch rein, dann kannst du mir davon erzählen."
Julie hatte Tee gekocht, wie immer, der ganze Raum duftete danach. Matthew setzte sich auf einen Stuhl an den Esstisch, sie sich gegenüber. Verträumt stützte sie ihre Ellenbogen auf den Tisch und stützte ihr Kinn in ihre Handflächen.
"Also, dann erzähl mal. Warst du wirklich an der Oberfläche...?" Matthew hatte ihr von der Unternehmung erzählt. Nach Carters Tod war sie die erste Person, die er nach Forax aufgesucht hatte. Julie wusste alles über ihn. Immer, wenn er mal an ihrem Haus vorbeikam, wo Julie Pflanzen züchtete und Tee kochte, berichtete er, was es zu erzählen gab. Sie kam nur selten aus dem Viertel, und schon gar nicht aus der Stadt, sodass sie immer sofort neue Geschichten einforderte, wenn er mal wieder vorbeikam. Das ging jetzt schon seit Jahren so - vor einiger Zeit hatte er sich auf einem Botengang verlaufen und sie getroffen - sie hatte ihm den Weg beschrieben, ihn aber vorher noch auf eine Tasse Tee eingeladen. Seitdem schaute er immer mal wieder vorbei.
"Ja, ich war oben. Es ist wirklich fantastisch..." Er beschloss, ihr alles zu erzählen - von der Zugfahrt und dem Kampf auf der Brücke, über den Weg durch die Höhlen zur Pforte zur Oberfläche, über die Begegnung mit der Natur der Oberwelt, dem Kampf mit den Dämonen, dem Flug mit dem Drachen. Die Befreiung der Geiseln, die Dämonen, die angriffen, die Rettung durch Kyrian. Über Resistentia, die Umsiedlung und den Kampf mit dem roten Dämon, über die Rückkehr.
Matthew vertraute Julie alles an, denn er wusste, dass sie es sofort merken würde, wenn er ihr etwas vorenthielt. Dennoch ließ er die Sache mit der Verräter in Dulluas aus, denn er wollte sie nicht beunruhigen.
"Und jetzt sind wir wieder hier und sollen Nachforschungen anstellen. Manche gehen auch zu den Nixen", beendete er seine Erzählung. Er hatte keine Ahnung, wie lange er gesprochen hatte, doch Julie saß noch immer so vor ihm wie zu Beginn.
"Das klingt alles wahnsinnig toll. Ich möchte hier auch mal raus...", sagte sie gedankenverloren.
Matthew konnte sie Sehnsucht, die sie hatte, nachvollziehen. Schon jetzt sehnte er sich nach Sonne, Mond und den Gestirnen.
"Irgendwann geht das.", versprach er ihr.