Der alte Mann trank einen weiteren Schluck aus seiner Flasche, wobei es sich um reguläres Bier zu handeln schien. Siradda schaute aufmerksam ihn an, nur darauf wartend, dass er weiter machte.
“In den meisten Fällen ist diese eine Sache Macht, aber es kann auch ein wichtiges Ziel sein. Ich glaube jedes intelligente Wesen ist dafür anfällig alles andere zu vergessen oder zur Seite zu schieben, wenn es einem großen Ziel dient. Menschen, Dämonen, zum Teufel, ich traue es selbst Hohen Drachen oder Waldgeistern zu dem zu verfallen.“ Er schaute zu Siradda, direkt in ihre Augen. “Was ich denke, dass das was jenen unter ihnen fehlt, die einen Weg zurück suchen, ein Ausgleich ist. Aber für viele ist es oftmals zu spät… oder zumindest denken sie das. Ich muss da nur an mich denken. Einst war ich wohlhabend und hätte mit dem Geld etwas bewirken können. Etwas verbessern. Doch damals fehlte mir der Sinn danach, ich wollte meinen Reichtum mehren, ganz gleich auf wessen Rücken das geschehen sollte.“ Die Seelendämonin, die noch dabei war zu verstehen, was mit dem anderen, diesem Ausgleich gemeint sein könnte, realisierte, was der alte Mann da andeutete. Das würde ja bedeuten… Sie schaute zu ihm zurück, nun in die seine blickend. "I-ihr habt Nichtmagier ausgebeutet? Ihr sei- wart einer von denen?!" Da konnte sie eine Frage nicht mehr zurückhalten. Es würde ihr vielleicht nicht viel bringen, dennoch wollte sie es tun! "D-dürfte ich eu-euren Namen erfahren?"
“Ludwig Rodriquez. Zwar kein Abkömmling dieser Familie, das war meine Ex, diese Blutsaugerin, die das Erbe auf unseren Sohn umgeschrieben hatte und kurz darauf mich raus schmiss, doch das Bild sollte klar sein.“ Dieser Nachname! Das war doch der von dem einem Ratsmitglied. “Ich sehe, der Name klingt vertraut, was? Kein Wunder, wenn man die Rolle der Familie bedenkt und den Posten, auf dem mein Sohn nun sitzt.“
Man konnte von erstaunlichen Glück sprechen ausgerechnet so jemanden in einer Bar, die für die unterste Schicht von Alve Acardemia gedacht war, anzutreffen. Einerseits wollte sie für ihren Auftrag nun nach etwas fragen, doch etwas anderes lag ihr immer noch mehr auf der Zunge. “ "D-dieser Ausgleich… Ihr meintet ihr hättet mit eurem Reichtum von damals anderen helfen können, wenn ihr es gewollt hättet, sowie…" Siradda hörte einmal nach den Geräuschen hinter sich, "ihr es jetzt gerne tun würdet, aber wie meint ihr das für mich? Wie kann jemand wie ich am Ende ihrer Tage zufrieden zurückblicken? Oder bereits vorher…" Das erste, was sie zu hören bekam war ein leichtes Lachen. Nicht so laut, damit es im ganzen Raum zu hören war, sondern nur in der unmittelbaren Umgebung. “Das “was“ kann ich dir nicht sagen, sonst wäre es auch nicht so schwer. Das kann niemand außer du selbst.“ Die standardisiertest Antwort von allen… Siradda griff schon wieder zur Flasche, da fuhr Ludwig fort, ehe sie den ersten Schluck runter bekam. “Doch was nützt einem das allein? Ich verabscheue Lehrer, die es dabei belassen, daher lass mich konkreter werden. Nick jedes Mal, wenn du soweit bist!“ Genau so eines bekam der alte Mann dann auch zu sehen. “Denk zuerst an deine Fehler und Unglücke zurück.“ Da war so einiges, was Siradda in den Kopf schoss. Vieles von diesem war nicht in ihrer Hand gewesen, da ihre Optionen gehorchen oder noch mehr Leid für ihre Schwester oder sich selbst bedeutete. Aber ab ihrer Flucht konnte sie das weniger von sich behaupten. Nachdem sie alles, was ihr in den Sinn kam gesammelt hatte kam das nicken. “Nun nimm dir eine dir im Moment wichtige Sache davon heraus. Etwas, was dir erst vor kurzem Kummer bereitete.“ Siradda musste nun stark überlegen. Zwei Dinge, die sie im Moment insbesondere bekümmerten. Sie konnte sich nicht entscheiden, auch wenn eines der Größenordnung dem anderen doch eigentlich überlegen war!
Ludwig bemerkte, dass die Dämonin neben ihm nicht weiter wusste, doch er wusste zu beruhigen. “Dass du nicht weiter weißt ist nichts Schlechtes. Es bedeutet vielleicht einfach nur, dass dir mehrere Dinge sehr am Herzen legen, was auch beweist, dass du dich wirklich verändern möchtest. Sofern es nicht zu viel ist, halte an beidem fest.“ Nun konnte Siradda, die anfing zu lächeln, wieder die gewünschte Geste machen. “Sehr gut. Und nun sag mir, was dich davon abhält etwas daran zu ändern.“ Im nu war das Lächeln in Siraddas Gesicht wieder verschwunden. Wie sollte sie das jetzt beantworten können? “Aber das ist doch das Problem. Ich kann nichts daran ändern!“ Sie war machtlos gegen den Blutkönig und allem, was mit ihm verbunden war. Sie war nur eine Maus, die ängstlich davon laufen konnte und selbst wenn sie nun das Kämpfen lernen würde. Es wäre wenn überhaupt dasselbe wie wenn diese Maus einen Zahnstocher in ihrem Mund hätte. Und diese Seele, die sie hier wie eine Marionette kontrolliert… Ohne diesen Körper wäre sie wieder verdammt dazu nur zuzuschauen. “Wie viel Zeit hast du nun soeben damit verbracht es als nicht möglich zu betrachten und wie viel davon hast du zum überlegen verwendet, wie du doch zumindest eine klitzekleine Verbesserung bewirken könntest?“ Ludwig nahm einen tiefen Schluck aus seiner Bierflasche, als Siradda mit einem Mal große Augen machte. Sie war fassungslos und schaute für einen Moment in ihre Hände. “Ich denke das Problem auf deiner Seite ist es nicht, dass dir der Wille fehlt, sondern die Fähigkeit sich kleinere Ziele zu stecken. Oder liege ich falsch damit, dass du bisher nur das große Ganze bedacht hattest?“
Die Seelendämonin konnte auf diese Frage nicht sofort antworten. Es dauerte seine Zeit, bis sie eben gesagte richtig verarbeiten konnte.
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Rhord bemerkte, dass mit Noire etwas nicht stimmte, hatte dafür aber eine gute Erklärung für sich parat. "Stimmt, ich kann es kaum erwarten!", rief er ihr zu, während er selbst jemanden mit einem Schlag ins Gesicht ausschaltete und gleich darauf einen weiteren packte, um diesen in die restliche Masse zu werfen. "“Ich hoffe nur, dass wir die Geschichte von dem einen noch zu Ende hören bekommen. Aber sag mal, könnte es sein, dass dieser Alkohol seine Wirkung bei dir zeigt?“ ", fragte der Echsendämon, gar nicht an die Folgen denkend. Noch sah er keine zweite Rouge vor sich, nur jemand, die die Prügelei genauso schätzte wie er selbst. Dann aber drehte er sich weg und schaute sich um und hatte derweil eine weitere Frage an Noire, die während seiner Suche nun hinter ihm stand: "Aber sag mal, weißt du wo Siradda abgeblieben ist? Ist sie rausgegangen? Mir fällt grad ein, Lauriam wird mich töten, wenn wir sie nicht mit zurückbringen."
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Bei ihrer Rückkehr hatte sich Lauriam gleich seine Lektüre, die er von Rouge erhalten hatte, geschnappt, dann wieder nach unten gegangen und hat sich hier in einen Sessel gesetzt, um dort seine Studien fortführen zu können. Gleichzeitig würde er auch Siraddas Rückkehr mitbekommen, wenn diese Gruppe früher als gedacht zurückkehren würde.
Während er in dieser las dachte er daran, dass er der Akademie auch mal einen Besuch abstatten sollte. Nächsten Sonntag soll laut dem Rezeptionist am Abend dort eine Veranstaltung stattfinden. Irgendwas, was mit Sport für Magier zu tun hat. Es klang für ihn ganz passend, wenn er eines seiner Ziele bedachte, aber was da wohl wirklich hintersteckte?
Eine halbe Stunde später war Lauriam bereits dabei zu überlegen, ob er denn nicht doch nach oben gehen sollte, um sich seine Mütze Schlaf zu holen, da kam auf einmal Korina durch die Tür und ging geradewegs auf ihn zu. Mit wahrhaftig interessanten Neuigkeiten, neben einer Begrüßung, die Lauriam selbstverständlich erwiderte. Seamus war zurück!
Bei ihrer Erklärung stellten sich bei Lauriam aber noch ganz andere Fragen auf. Der Name Genevieve kam ihm vertraut vor. "Genevieve war eines der Geschwister, von denen Dante und Florence mir erzählten… Blöd, dass sie wegen Seamus nun weiß, dass du ihr Ziel bist… Hat sie irgendwelche Anzeichen gemacht, dass sie plant dich bald mitnehmen zu wollen?"
Der Spezialagent wusste nichts von ihrer ersten Begegnung, selbst Siradda kam noch nicht dazu ihm davon zu erzählen. "Aber du bist dir absolut sicher, dass dem nicht so war, oder? Wenn dem so ist, denke ich, sollten wir die Sache leicht bereinigen können. " Lauriam legte die Lektüre auf den Tisch neben sich und würde sie später wieder mit nach oben nehmen. Jetzt aber konzentrierte er sich darauf in die Geisterwelt zu blicken und zu hören. Da war Nina, die auch recht aufgebracht wirkte. Mit einer herbeiwinkenden Geste wollte er, dass sie näher trat. Er plante noch immer mit einem Geist zu reden, da wollte er es nicht zu auffällig machen… auch wenn in dieser Stadt das wohl des öfteren gesehen werden kann… "Sollte es dazu kommen, dass deine Geschwister Stress ausüben wollen und dann auch noch den Kontakt mit uns meiden, sag ihnen bitte, wenn du sie siehst, dass wir die Sache gerne bereinigen würden. Das ließe sich sowohl magisch, über Siraddas Seelenmagie bewerkstelligen, wo wir gleichzeitig mehr über das herausfinden könnten, was Seamus tatsächlich geschehen ist oder aber auf eine natürlichere Art und Weise bewerkstelligen."
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Tobi« (24. November 2019, 00:00)